Theater-im-Netz Teil I Anrufung no comments
ANRUFUNG DES HERRN
THEATER IM NETZ Teil 1
Regie: Rolf Kasteleiner
Vier Schauspieler interagieren an und zwischen zwei Orten. Sie kommunizieren live in Ton- und Bildübertragungen via Internet. Zwei Paare träumen in Martin Heckmanns „Anrufung des Herrn“ von absoluter und störungsfreier Kommunikation – verheddern sich aber von Beginn an in abstrusen Selbstdarstellungsversuchen. Das Stück wird zu einem Requiem der Selbstdarstellung im medialen Zeitalter
Dabei geht Theater-im-Netz über die Erfahrungswelten des Theaters hinaus.
Die Inszenierung geht dabei weit über die Abbildung einer gängigen Voice-over-IP-Unterhaltung via Messenger oder Skype hinaus: Die audiovisuelle Präsenz der zwei abwesenden Schauspieler durch Videoprojektionen an beiden Orten erzeugt eine scheinbar überbrückbare räumliche und emotionale Distanz. Die beiden anwesenden Schauspieler erfinden gesteuerte Inszenierungsmanöver, um auf der Bühne gegen die mediale Gegenwart der anderen bestehen zu können. Die Paare spielen – solange die Verbindung steht – gegen ihre existentielle Angst an, wie ein Fernsehprogramm ausgeschaltet oder weggezappt zu werden. Auf der zur Tragikomödie sich steigernden Suche nach echtem Zusammensein ringen sie in Selbstoffenbarungen und Gebetsversuchen um Aufmerksamkeit. Aber wie weit kann sich das einzelne Subjekt in digitalisierten Unterhaltungen überhaupt kenntlich machen? Wie nah können sich die Bewohner des globalen Dorfs über Datenverbindungen kommen?
Anrufung des Herrn wurde erfolgreich zwischen der Galerie Pont Aleaxandre III in Paris und dem Westgermany in Berlin, der Galerie LE CONFORT DES ETRANGES in Toulouse und dem Atelier du Plateau in Paris sowie dem Theaterdiscounter Berlin und der Theaterfabrik Hamburg und im Beiprogramm der Stadt Kassel zur Documenta 12 aufgeführt. Ein Ausschnitt als Video ist hier zu sehen.
Kommen wir zueinander, sind wir noch zusammen?
Der Autor
MARTIN HECKMANNS, der 2002 bei der Kritikerumfrage der größten Theater Fachzeitschrift „Theater Heute“ zum besten Nachwuchsautoren gewählt wurde, beschäftigt sich in seinen Stücken mit dem Problem der Kontaktaufnahme – der Kommunikationsunfähigkeit.
Die Figuren spielen sich selber in ihrer existentiellen Angst, wie im Fernsehen „ausgeschaltet“ zu werden. Mit permanenter Selbstdarstellung versuchen sie sich zu der unvorstellbaren Unausweichlichkeit zu verhalten. Gleichzeitig wird ihre Selbstdarstellung zur Tragikkomödie.
Die Figuren beschwören mit ihrer Sprache ständig Möglichkeiten zur Veränderung, die in diesem Beschworenen gleichzeitig zerstört werden. Der Wunsch nach Freiraum und einer neuen Ordnung wird durch das Reden darüber zunehmend wieder besetzt. Reden und Aktion klaffen immer mehr auseinander; es entsteht durch dieses Zurückgeworfensein eine eigene Komik.
Die Bühne als Ausstellungsraum
Jeweils zwei Schauspieler sitzen sich gegenüber in der Mitte des Raumes und werden von zwei Webkameras aufgenommen. Dabei können die Schauspieler mit den Kameras sich und ihren Partner selber inszenieren.Das Internetbild der beiden abwesenden Schauspieler wird hinter die beiden Anwesenden projiziert.
Das Publikum sitzt auf Bänken sich gegenüber auf zwei Seiten des Raumes.
Das Stück findet so nicht mehr nur auf der Bühne statt, sondern auch zwischen den Projektionen der Schauspieler auf den Video- tafeln. Dabei entscheiden die Schauspieler, welches Videobild von ihnen der Andere gerade sieht.
Die Suche im Internet
Einer scheinbar perfekt kommunizierenden, rein medial ausgelegten Gesellschaft sollen Momente der Besinnung entgegensetzt werden, die eine Realität, die es außerhalb des Theaters immer weniger mehr gibt, schaffen können.
Bei der Suche der Schauspieler im Internet nach einer Möglichkeit zum „wirklichen“ Zusammensein fallen sie immer wieder auf sich selbst zurück.
Diese versuchten Fluchten per Internet werfen einen anderen Blick auf unsere Realität, in der die Individualisierung zu einer Sackgasse geworden ist.
Französische Presse zu Anrufung des Herrn
Diese Installation taucht den Zuschauer in das Dilemma der multiplen Präsentationen, die ihm vorgeschlagen werden und die eine wirkliche Interaktivität schaffen, in der die Passivität des Zuschauers zurückgedrängt ist zum Vorteil der Wahl, die dem Zuschauer geboten wird bezüglich dem Winkel der Annäherung durch den Text und dem Thema.
Also eine Arbeit sehr interessant weiter zu verfolgen.
Martine Piazzon, Froggy’s Delight
Dieses Theaterstück ist wirklich erstaunend! Es vermischt die künstlerischen Welten, das Spiel der Schauspieler, die Verwendung der neuen Technologien mit einer Möglichkeit der Kommunikation, die sich immer mehr entwickelt in unserer Gesellschaft!! Sie sind völlige Erneuerer! Einen Ratschlag: ganz schnell entdecken!!!
Shamina Speerboccus, Skype news
Team
Schauspiel: Karine Adrover, Mélanie Fouché, Jérôme Veyhl und David Hannak,
Regie: Rolf Kasteleiner, Produktion/Frankreich: Céline Chocat,
Produktionsassistenz: Mareen Scholl,
Technik : Roland Laub, Sounddesign : Alexandra Holtsch
Leave a Reply
You must be logged in to post a comment.